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Hilfe, mein Kind kommt nicht mehr mit! – Warum ist der Sprung von Grund- zur Oberschule oft ein Sturz? – im Gespräch mit Thomas Friese, von Elisabeth Anna Schulte, Studentin der Psychologie in Berlin.

Die Situation und Entwicklung der schulischen Gesundheitsförderung in Deutschland ist Gegenstand unterschiedlicher theoretischen, empirischen und fundierten Analysen und Studien. Das Projekt F-2033 im Auftrag der Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin hatte den Auftrag der “Bilanzierung der Aktivitäten zur Gesundheitsförderung im ganzheitlichen Kontext einer gesunden Schule”.

Elisabeth Schulte

Elisabeth Schulte

Dieser Ansatz verfolgt gleichsam die paradigmatische Wendung der Erziehungs- und Bildungsziele direkt durch integrierte Gesundheitsinterventionen. Förderung und Bildung ist ein wichtiger Grundstein einer gesunden Gesellschaft. Vernetzung durch Kooperationen und Schulgemeinschaft (Schüler, Lehrkräfte, Eltern und nicht-unterrichtendes Personal) im Inneren und Äußeren durch Unterstützung und Partner sind ein Teil der ganzheitlichen Gesundheitsförderung. Thomas Friese Projektentwickler und Immobilienexperte aus Oldenburg und Berlin hat sich jahrzehntelang im Teamsport engagiert. Ob beim Basketball, Tischtennis, Fußball oder Tennis mit seiner Erfahrung und Unterstützung haben Vereine und Personen den Aufstieg gewagt. Thomas Friese weiß aus eigener sportlicher Erfahrung, dass der Sport nur ganzheitlich betrachtet zum Erfolg für das gesamte Team in der Region bis über die Grenzen hinausführt und somit ein Beitrag zur gesunden Gesellschaft darstellt. Zu den Teamplayern gehören neben dem Elternhaus, der Verein vor allem die Schule, gibt Thomas Friese zu bedenken. Erfolg und Durchhaltevermögen liegt in der Motivation aller Beteiligten, der Samen wird in jungen Jahren gesät.

Schule als treibende Kraft in der Entwicklung des Selbstkonzeptes

„Der Begriff Selbstkonzept wird in der aktuellen pädagogisch- psychologischen Forschung verwendet, um die mentale Repräsentation der eigenen Person zu beschreiben.“ (Möller & Trautwein, 2015) Jeder Mensch hat ein Bild von sich selbst in seinem Kopf. “Die Vorstellung von der eigenen Person beinhaltet, den Glauben an unsere Fähigkeiten. Das Selbstkonzept determiniert welche Herausforderung wir uns zutrauen und mit welchen Erwartungen wir durch das Leben gehen. Dieses wirkt sich im sportlichen Engagement aus”, gibt Thomas Friese zu bedenken.

Symbolischer Interaktionismus – wir erkennen uns im Spiegel des sozialen Umfeldes

„Durch die Übernahme der Haltungen der Anderen entwickelt sich bei den Menschen Identität und konsistentes Selbstbewusstsein“ (Mead,1934). Das Selbstkonzept entsteht unteranderem durch Interaktionen. Wie Eltern und Lehrer ihre Anvertrauten einschätzen und Vergleiche der Schüler untereinander beeinflusst die Selbstkonzepte der Kinder. Zudem ist es wichtig zu unterscheiden, dass sich das globale Selbstkonzept aus den verschiedensten Unterkategorien zusammensetzt. Marsh et al unterschieden bereits 1988 im schulischen Bereich zwischen einem verbalen (z.B. Deutsch, Geschichte) und einem mathematischen (z. B. Mathe, Physik, Chemie) Selbstkonzept, welche typischerweise sehr unterschiedlich ausgeprägt sind.

Wie ist es im Sport? Diese Frage stellen wir Thomas Friese, der durch seine Tätigkeit weiß, dass die Rollen nicht vom Himmel fallen. Wie entstehen die Rollen und woher kommen sie und welche Gestaltungschancen bestehen durch Familie, Schule, Freizeit und Sport? Im Sport findet sich symbolischer Interaktionismus als Denkrichtung wieder, im professionellen ausgeübten Mannschaftssport mit der Anwendung nach bestimmten Regeln und Richtlinien. “Ein Kind lernt früh in Spiel- und Wettkampsituationen das Verhalten der anderen zu antizipieren und in Verbindung zu setzen. Beim Basketball beispielsweise können die Spieler nur handeln, wenn die Regeln und Aufgaben von allen Spielern bekannt sind, ansonsten ist das Spiel nicht möglich”, so Thomas Friese. Der Schiedsrichter nimmt hierbei eine Schlüsselrolle ein, er fungiert als personifizierter Konsens von festgelegten Handlungsoptionen.

Big-Fish-Little-Pond-Effekt (BFLPE) – Noteneinsturz beim Wechsel auf die Oberschule

Der symbolische Interaktionismus geht davon aus, dass das Selbstkonzept vom sozialen Umfeld entscheidend geprägt wird. Durch soziale Vergleiche mit ihren Klassenkameraden beurteilen Schüler ihre eigenen Fähigkeiten. Das soziale Umfeld verändert sich mit dem Wechsel der Schule. “Im Sport ist dies beispielsweise beim Aufstieg in eine neue Mannschaft oder Klasse zu beobachten. War man als Teamplayer noch in der Kreisklasse C spitze, sind die erwünschten Leistungen in der Kreisklasse B nur mit großer Anstrengung erstmal zu bewältigen, bis der Sportler den nächsten Schub beziehungsweise Herausforderungen durch stärkere, bessere Sportler und Trainer erhält”, erläutert Thomas Friese.

Bei der Betrachtung von Schülern, die in der Grundschule im Vergleich mit ihren eher schwachen Leistungen der Mitschüler ein relativ starkes Selbstkonzept entwickeln. (Marsh, 1987; Köller, 2004). Metaphorisch sind sie der große Fisch im kleinen Teich. Wechseln diese Schüler dann zum Beispiel auf ein Gymnasium, sind sie mit leistungsstärkeren Mitschülern und höheren Anforderungen konfrontiert. Die Leistungsstärke bleibt unverändert aber das schulische Selbstkonzept sinkt. Der Fisch ist genauso groß wie vorher, schwimmt aber in einem großen Teich. Die Grundlage der Vergleiche bilden zum großen Teil Schulnoten. Doch auch auf die Notenvergabe wirkt der Big-Fish-Little-Pond-Effekt (BFLPE). Schüler mit unveränderten Leistungen bekommen in leistungsstarken Klassen schlechtere Noten als in leitungsschwachen Klassen. (Trautwein et al., 2006)

Gemeinsam wachsen

Vielleicht sinkt der Notendurchschnitt, das passiert beim Wechsel. Doch der Wechsel in ein neues Umfeld kommt mit vielen Chancen. Die Theorie des sozialen Vergleichs nach Festinger (1954) besagt, dass Aufwärtsvergleiche mit Leitungsstärkeren motivieren kann. Weitere Faktoren sind ausschlaggebend, denn nicht nur die einzelnen Begabungen zählen und benötigen Motivation. Durch Bewegung, Sport und kreative Arbeit wie Kunst, Gestaltung und Musik tragen zur körperlichen Förderung und Leistungsfähigkeit bei.

“Die Corona-Krise macht deutlich, wie wichtig die Bausteine Schule, Bildung, Förderung ineinandergreifen. Gefragt sind offene, zur motorischen, kognitiven und sozialen Auseinandersetzung auffordernde Spiel- und Bewegungssituationen. Zeitweise waren Kindergärten, Kitas und Schulen über Wochen geschlossen. ALBA BERLIN beispielsweise hat erkannt, dass gerade in einer Situation wie in Zeiten der Corona-Pandemie neue Wege ausprobiert werden müssen. Zahlreiche Sportangebote und Vereine sind Betroffene. Bei ALBA BERLIN wurde das Konzept: Zusammenarbeiten, neue Herausforderungen meistern und gemeinsam wachsen – die digitale Sportstunde für Kinder und Jugendliche – erarbeitet. “Albas tägliche Sportstunde” bringt Bewegung, Spaß und Bildung im Alltag von Teillockdown. Spiel- und Begegnungssituationen sollen zum Sammeln möglichst vieler materialer Erfahrungen anregen, um Bestehendes zu modifizieren und differenzieren, dann wächst jeder über sich hinaus”, erläutert Thomas Friese.

Fazit: ganzheitliche Gesundheit – Schule – Bildung – Förderung – Schulische Gesundheitsförderung betrifft die Gesellschaft

Förderung und Bildung ist ein wichtiger Grundstein einer gesunden Gesellschaft. Doch die schulische Ebene bleibt nur ein Teil des globalen Selbstkonzepts. Kommt dies durch den Schulwechsel ins Wanken, ist es umso wichtiger sich anderen Ressourcen bewusst zu machen. Talente, Familie, Freunde, Sport, Kunst, Träume, all das macht uns aus. Kein Mensch ist perfekt und in der Vielfalt liegt die Stärke. Wir gehen nicht in die Schule, um auswendig zu lernen und gute Noten zu bekommen. Die Schule ist ein Werkzeug, was uns dient Wissen, Weisheit und offene Fragen gemeinsam zu erforschen. Vorschulkinder haben typischerweise einen hohen Selbstwert. Nur selbstbewusste Kinder und Jugendliche trauen sich die Herausforderungen dieser Welt mit kreativen Lösungen mitzugestalten.

V.i.S.d.P.:

Elisabeth Schulte

Stud. psych.

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