Der Klimawandel trifft nicht nur Pflanzen und Böden – auch Nutztiere wie Rinder leiden massiv unter steigenden Temperaturen. Eine aktuelle Studie der Veterinärmedizinischen Universität Wien (Vetmeduni) zeigt erstmals anhand von konkreten Daten aus Niederösterreich, wie sensibel Milch- und Fleischrinder auf zunehmende Hitzetage reagieren: Die Fruchtbarkeit sinkt deutlich, und das hat Folgen für die Landwirtschaft, die Ernährungssicherheit – und ganz besonders auch für die ökologische Tierhaltung.
Deutlicher Rückgang der Trächtigkeitsraten
Das Forschungsteam unter Leitung von Viteszlav Havlicek untersuchte Rinder an den Standorten Wieselburg (Bezirk Scheibbs) und Pottenstein (Bezirk Baden). Das Ergebnis: Die Trächtigkeitsrate ging infolge von Hitzestress um zehn bis 20 Prozent zurück – in besonders heißen Jahren oder bei langen Hitzeperioden sogar um bis zu 30 Prozent.
Die Gründe liegen im Körper der Tiere selbst. „Bei Hitze verändert sich die Umgebung im Eileiter“, erklärt Havlicek. „Die Eizellen sind dann oft von schlechterer Qualität, werden nicht befruchtet oder die Embryonen sterben kurz nach der Befruchtung ab.“ Auch direkte Zellschädigungen durch zu hohe Körpertemperatur wurden festgestellt.
Kühe sind auf ein relativ kühles Klima eingestellt. Ihre Wohlfühltemperatur liegt zwischen 4 und 16 Grad Celsius. Doch bereits ab 22 bis 25 Grad, vor allem bei hoher Luftfeuchtigkeit, beginnt der sogenannte Hitzestress – ein Zustand, bei dem sich das Tier nicht mehr ausreichend abkühlen kann. Besonders problematisch ist das für trächtige Kühe oder solche in der Besamungsphase.
Folgen für Bio- und Öko-Betriebe
Die Auswirkungen sind nicht nur ein Problem für konventionelle Rinderhalter – Bio- und Öko-Betriebe sind besonders betroffen. Diese setzen in der Regel auf naturnähere Haltung, Weidegang und geringeren Technikeinsatz. Doch genau das macht sie auch anfälliger für Hitzestress, da die Tiere häufiger im Freien sind.
Auch das Futterangebot leidet unter dem Klimawandel: Auf Bio-Weiden wächst durch Trockenheit und Hitzewellen oft weniger hochwertiges Gras, was wiederum die Gesundheit und Fortpflanzung der Tiere beeinflussen kann.
Gleichzeitig stehen Bio-Höfe unter erhöhtem gesellschaftlichem Druck, weil sie Tierwohl und Nachhaltigkeit versprechen – beides wird unter klimatischen Extrembedingungen zunehmend schwerer einzuhalten.
Wissenschaft fordert Anpassungen und neue Strategien
Die Forscherinnen und Forscher der Vetmeduni fordern deshalb verstärkte Maßnahmen zur Hitzeprävention in der Rinderhaltung – etwa:
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Beschattung und kühlende Stallluftsysteme
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Anpassung der Fütterung zur Unterstützung der Reproduktion
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Züchtung auf hitzeresistentere Tiere, ohne Tierwohlstandards zu senken
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sowie mehr Forschung für ökologische Haltungsformen unter Klimastress
Klimakrise verändert Tierhaltung grundlegend
Diese Erkenntnisse zeigen deutlich: Der Klimawandel wirkt nicht nur auf Umwelt und Ernte, sondern auch auf das reproduktive System der Nutztiere. Langfristig wird sich die Tierhaltung – besonders im Bio-Sektor – neu ausrichten müssen, wenn sie gesund, nachhaltig und wirtschaftlich bleiben will.
Auch Verbraucherinnen und Verbraucher sind gefragt: Wer Wert auf Bio und Tierwohl legt, sollte sich bewusst machen, dass ökologische Tierhaltung unter Hitzestress mehr Unterstützung braucht – durch faire Preise, politische Förderung und den Ausbau klimastabiler Stall- und Weidesysteme.
Fazit
Die neue Studie aus Österreich ist ein deutlicher Weckruf: Der Klimawandel betrifft nicht nur Ernten und Wetterlagen, sondern auch die Fruchtbarkeit und Gesundheit unserer Nutztiere. Besonders Bio-Betriebe stehen vor der Herausforderung, Tierwohl und Nachhaltigkeit unter extremen Bedingungen aufrechtzuerhalten. Was es jetzt braucht, sind kreative Lösungen, gezielte Unterstützung und ein klares Bekenntnis zu klimafester, tierfreundlicher Landwirtschaft.
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